Jungfrau (4158 m) ...

Von allen Interessierten an einer Besteigung der Jungfrau waren es am Ende nur Christian und ich, die tatsächlich das Vorhaben durchziehen wollten. Christian landest am Montagnachmittag (7.7.) in Frankfurt. In der gleichen Nacht fuhren wir los und waren am Dienstagmorgen in Interlaken. Interlaken ist eine hübsche schweizerische Kleinstadt, traumhaft zwischen zwei Seen gelegen und im Hintergrund steigen die schneebedeckten Berge des Berner Oberlandes auf. Dort musste ich mir nur Steigeisen und Eisschrauben leihen, alles andere an Ausrüstung hatten wir schon.

Mittags fuhren wir in das idyllische Bergdorf Grindelwald (ca. 1100m hoch), wo wir die letzten Einkäufe machten. Die Sonne schien den ganzen Tag am nur leicht bedeckten Himmel. Unsere Motivation für eine schöne Bergtour stieg und stieg. Da Christian und ich uns in Interlaken beim Ausrüstungsverleich genau nach den Verhältnissen am Berg erkundigten und viele Tips bekamen, verzichteten wir sowohl auf einen Führer als auch auf einen Schnellkurs. Die ganze Schweizfahrt wurde damit deutlich billiger als ursprünglich geplant

Ein Zug brachte uns zur Kleinen Scheidegg (2060m), wo wir uns anfingen zu akklimatisieren, doch die richtige Akklimatisierung machten wir erst ab dem späten Nachmittag des Dienstags (8.7.) am Jungfraujoch in 3450m Höhe. Dort waren Touristen in Hülle und Fülle, die den Gletscher bei warmem Sommerwetter genossen. Nach dem letzten Zug ins Tal waren nur noch Christian und ich da; während andere Bergsteiger in einer Hütte 45 Minuten entfernt übernachteten, verbrachten Christian und ich die Nacht in seinem Zelt mit warmen Schlafsäcken. Gute Schlafsäcke waren auch nötig, denn es wurden nachts sehr schnell ziemlich kalt. Wir schliefen also mitten im Gletscher; einmal wurden wir in der Nacht durch eine Lawine an einem entfernten Hang aufgeweckt, doch sonst war die Nacht ruhig.

Um 5:15 Uhr am Mittwoch (9.7.) begannen wir den Aufstieg. Insgesamt waren wir an dem Morgen 7 Bergsteiger mit dem Ziel Jungfraugipfel. Da Christian und ich den Weg nicht zu 100% kannten, hängten wir uns einfach hinter die anderen. Zuerst mussten wir zum Fuss des Berges auf ca. 3300m absteigen, was die Tour natürlich in die Länge zog. Es folgte zum Teil anspruchsvolles Felsklettern, dann fast der ganze Rest der Besteigung im Gletscher. An einem Hang konnten wir nur mit mitgebrachten Eisschrauben für unsere Sicherheit sorgen. Es war ein steiler Hang, bei dem ein Ausrutscher ohne Sicherung den Tod bedeuten konnte. Ausgerutscht ist von uns beiden keiner, aber auf die Eisschrauben hätten wir uns im schlimmsten Fall verlassen können.

Dann um 9:30 Uhr - endlich - erreichten wir den höchsten Punkt auf 4158m. Mit der Sonne am Himmel und leichter Bewölkung unter uns hatten wir eine aufregende 360° Sicht. Zudem war es windstill und mit etwa 0°C recht warm. Der Gipfel hat eine Fläche von vielleicht 5 m², reiner Schnee. Wir machten ein paar coole Bilder, setzen uns danach hin und liessen die Magie dieses Ortes auf uns einwirken. Ein Wahnsinnsgefühl, wenn man so hoch sitzt; wir konnten unzählbare Berge der Schweizer Alpen bis zum Horizont sehen, saftige grüne Täler und die mächtigen Gletscher der Jungfrauregion.

Der Abstieg war dann weniger witzig. Vor allem die steilen Stellen waren sehr anstrengend, ab 12 Uhr waren wir hoffnungslos ausgedurstet und die Mittagssommersonne brannte erbarmungslos vom Himmel. Man konnte die krasse UV-Strahlung da oben fühlen, trotz Sonnencreme und Sonnenbrille bekam man die grelle Kraft zu spüren.

Um 14:15 Uhr erreichten wir nach 9 Stunden am Berg unser Zelt und stürzten uns über unsere dort gelassenen Getränke. Ein paar Touristen sprachen uns an. Einer fragte uns, welchen Berg wir bestiegen hätten. Stolz zeigten wir auf den majestätischen Jungfraugipfel. Daraufhin fragte er nur "Is it tough?". "Yes, it is tough...", sagte Christian mit betonter Stimme. Dann war es auch schon Zeit, nach Grindelwald zu fahren, wo unser Auto stand. Noch im Zug nach unten sahen wir, wie sich das Wetter über 2500m rapide verschlechterte. Wir hatten gutes Timing.

Auf dem Rückweg nach Frankfurt machten wir Halt in Luzern, eine der grösseren Städte der Schweiz, idyllisch gelegen am Vierwaldstätter See. Total hungrig kauften wir uns Fastfood, setzten uns damit an das Seeufer und reflektierten über den Tag. Bei untergehender Sonne schwenkten wir auf die Autobahn und fuhren nach Norden...